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Bekämpfung des Klimawandels in China: Eine Bestandsaufnahme

Die Region Qinghai erlitt durch illegalen Kohleabbau massive Umweltschäden. Foto: 李大毛 没有猫 darmau @ Unsplash
Die Region Qinghai erlitt durch illegalen Kohleabbau massive Umweltschäden. Foto: 李大毛 没有猫 darmau @ Unsplash

In den vergangenen Monaten durchlebte China eine Reihe schwerwiegender Wetterereignisse, die erhebliche Schäden verursachten. In unserem letzten Newsletter berichteten wir bereits über die Überschwemmungen in und um Peking. Seitdem wurden weitere Katastrophen verzeichnet, darunter einige, die direkt auf den Taifun "Haikui" zurückzuführen sind und andere, die als Folge des Klimawandels auftreten. Die Korrelation zwischen extremen Naturkatastrophen und der Klimakrise findet heutzutage global mehr Beachtung. Auch in China widmen sich zahlreiche Organisationen diesem Thema. Von grassroots-Initiativen bis hin zu Think Tanks und global agierenden Stiftungen. Sie stehen vor großen Herausforderungen und operieren in stark begrenzten Handlungsspielräumen.

Tagelang regnete es in Strömen. In Peking fielen in den ersten Tagen des Augusts binnen 40 Stunden 170,9 Millimeter Regenwasser, so viel wie während des ganzen vorangehenden Monats. Der landschlagende Taifun „Doksuri“ verursachte Überschwemmungen und Verwüstungen in Teilen Pekings sowie den südlichen Provinzen Hebei, Shanxi und Fujian. In mehreren Provinzen überschwemmten Regenfälle Städte, Bauernhöfe und Straßen, sodass tausende Menschen evakuiert werden mussten. Doksuri ist einer der stärksten Stürme, die China in den letzten Jahren heimgesucht hat. Doch das aktuelle Wetterdrama ist kein isoliertes Ereignis. Die aktuellen Überflutungen sind nicht nur eine unmittelbare Naturkatastrophe für das Land; Sie stehen auch als ein unübersehbares Zeichen für die Dringlichkeit des Klimaschutzes.

China ist nicht nur der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen, sondern auch massiv von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Und die aktuellen Regenfälle lassen vorausahnen, was China in den nächsten Jahrzehnten durch den Klimawandel bevorsteht. Die Intensität von Extremwetterereignissen in der Region, darunter verheerende Überschwemmungen und Starkregenereignisse, hat in den letzten Jahren aufgrund der Erwärmung des Pazifiks stark zugenommen. Steigende Temperaturen, Trockenheit und Überschwemmungen setzen die Landwirtschaft und Biodiversität unter Druck.

Die schmelzenden Gletscher im Tibetischen Plateau bedrohen die Wasser- und Energieversorgung des Kontinents, und der steigende Meeresspiegel gefährdet schon heute die wirtschaftlich bedeutsamen Küstenregionen des Landes. Forschern der Tsinghua Universität zufolge hat die Volksrepublik aufgrund des Klimawandels bis zum Jahr 2100 mit Kosten in Höhe von 190 Billionen Dollar zu rechnen. Auch die nationalen Klimaberichte sowie die Sachstandsberichte des Weltklimarats (IPCC) unterstreichen die Dringlichkeit der Lage und betonen, dass China umfassende Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen ergreifen muss, um diesen Herausforderungen zu begegnen.

 

Herausforderungen und die Rolle der Zivilgesellschaft

Trotz Pekings Bekenntnis zum Klimaschutz und der Einführung ehrgeiziger Ziele, darunter vor 2030 den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen zu erreichen und die Kohlenstoffneutralität bis 2060, wird das Land aber weiterhin von seiner Abhängigkeit von Kohle dominiert. Zwar investiert China erheblich in erneuerbare Energien und hat das Ziel, globaler Markt- und Technologieführer im Bereich Solar- und Windenergie zu werden. Dabei setzt das Land schon heute globale Maßstäbe. Jährlich installiert es etwa so viele Windräder und Solarpanels, wie der Rest der Welt zusammengenommen.

Die jüngste Genehmigung von 86 neuen Kohlekraftwerken im Jahr 2022 mit einer Gesamtkapazität von 100 GW – die höchste Zahl seit sieben Jahren und viermal mehr als im Jahr 2021 – deutet aber darauf hin, dass Chinas Energieversorgung immer noch stark von Kohle abhängig ist. Obwohl die Zunahme der neuen Kohlekraftwerke, die an das Netz angeschlossen wurden, sich in den letzten Jahren verlangsamt hatte und das Land massiv in erneuerbare Energien investiert, sind die CO2-Emissionen Chinas in den letzten Jahren weiter stark gestiegen. 2020 lag der Anteil Chinas an den weltweiten Treibhausgasemissionen bei 30%. Trotz regional angepasster Energieeffizienzziele gab es 2021 nur zehn Provinzen, die die vorgegebenen Ziele erreichten, während einige ihren Energieverbrauch sogar steigerten.

Aber nicht nur die Regierung ist aktiv: Wie in vielen Pazifik-Anrainerstaaten Asiens, die von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen sind, spielen auch in China zivilgesellschaftliche Akteure eine bedeutende Rolle. Freiwillige, gemeinnützige Organisationen und lokale Initiativen engagieren sich verstärkt in Umweltschutzprojekten, Aufklärungskampagnen und Katastrophenhilfemaßnahmen. Besonders in Küstenregionen wie Hebei, Fujian oder Guangdong, die durch den steigenden Meeresspiegel und häufigere extreme Wetterereignisse besonders bedroht sind, werden Gemeinschaftsprojekte ins Leben gerufen, um sich an die neuen Bedingungen anzupassen und resiliente Gemeinschaften zu fördern. Chinesische Umwelt-NGOs leisten wichtige Arbeit in der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Folgen des Klimawandels durch Informationskampagnen, Bildungsprogramme und Bürgerinitiativen.

Viele Organisationen sind aber auch in Bereichen wie der Katastrophenvorsorge, der Notfallreaktion und der Post-Katastrophen-Wiederherstellung tätig. Freiwillige und gemeinnützige Organisationen wie das Blue Sky Rescue Team (蓝天救援队), das mit über 30.000 registrierten Freiwilligen größte Freiwilligen-Rettungsteam des Landes, spielen eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung auf extreme Wetterbedingungen und bei der Rettung und Evakuierung von Menschen in Katastrophengebieten. Auch im Rahmen der aktuellen Krise, die durch anhaltende Regenfälle und Überschwemmungen verursacht wurde, haben sich diese zivilgesellschaftlichen Akteure als unerlässlich erwiesen. Oft sind es diese Organisationen, die an der vordersten Front stehen, sei es durch Bereitstellung von Notunterkünften, Verteilung von Lebensmitteln und Wasser oder medizinischer Erstversorgung.

In diesem Artikel nehmen wir die aktuellen Ereignisse zum Anlass, einen kritischen Blick auf die Situation der klimapolitisch aktiven Zivilgesellschaft in China zu werfen. Die Rolle der Zivilgesellschaft in der chinesischen Klimapolitik ist komplex und vielschichtig, und sie unterscheidet sich teilweise von der ihrer europäischen Pendants.

Einerseits gibt es in China ein wachsendes Bewusstsein für den Klimawandel und seine verheerenden Auswirkungen, das sich in einer Vielzahl von Umwelt- und Klima-Nichtregierungsorganisationen (Environmental Non-Governmental Organizations; ENGOs), Aktivist:innen und lokalen Gemeinschaftsprojekten widerspiegelt. Mit einer wachsenden Mittelschicht, die sich zunehmend für Umwelt- und Klimafragen interessiert, steigt die Unterstützung für ENGOs in der Bevölkerung und auch die Regierung erkennt ihre Rolle bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Förderung nachhaltiger Verhaltensweisen zunehmend an.

Andererseits ist sie aber auch mit erheblichen Beschränkungen konfrontiert, die sich aus Chinas Regierungssystem ergeben. Die Regierung übt eine strenge Kontrolle über NGOs und zivilgesellschaftliche Initiativen aus. NGOs und andere zivilgesellschaftliche Akteure haben daher einen begrenzten Handlungsspielraum. Sie sind vielerorts von staatlichen Zuschüssen abhängig und ihre Aktivitäten unterliegen strengen Vorgaben und Zensur. Zwar gab es in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Expansion chinesischer Umwelt-NGOs, angetrieben durch Online-Medien, neue Förderstrukturen und stärkere politische Anerkennung. In China dienen Nichtregierungsorganisationen jedoch häufig politischen Entscheidungsträger:innen als Instrumente der Umsetzung von Peking aus angeordneter Policies, als dass sie ein eigenständiger Antrieb für politische Reformen wären. Die Balance zwischen Zusammenarbeit mit der Regierung und der Aufrechterhaltung einer unabhängigen Stimme stellt eine konstante Herausforderung für chinesische Klimaaktivist:innen dar.

 

Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Eines der zentralen Handlungsfelder chinesischer Umwelt-NGOs liegt in der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Folgen des Klimawandels. Neben der Förderung des öffentlichen Interesses, insbesondere für Energieeinsparungen und eine kohlenstoffarme Entwicklung, liegt das Hauptaugenmerk vieler ENGOs auf dem Umgang mit und der Vorbereitung auf Extremwetterereignisse und andere durch den Klimawandel verursachte Auswirkungen. Der Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen wie dem Taifun Doksuri und dem Klimawandel wird in der Öffentlichkeit selten hergestellt. Zwar halten 73% der Chines:innen den Klimawandel für die größte Herausforderung der Gesellschaft (im Vergleich: in Europa sind es nur 47% und in den USA 39% der Befragten). Naturkatastrophen, wie Überflutungen und Dürre sind aber nur für etwa 20% der chinesischen Befragten die Folgen des Klimawandels, über die sie sich am meisten Sorgen machen, so eine Umfrage des China Centre for Climate Change Communication aus dem Jahr 2017.

Ein Drittel der Bevölkerung hält die Verschlechterung der Luftqualität für die größte Bedrohung durch den Klimawandel. Denn der Klimawandel ist in den Augen der Öffentlichkeit eng mit der Luftverschmutzung verknüpft, ein Thema, das für viele Chinesen und Chinesinnen lange Zeit täglicher Begleiter und eine konkrete Bedrohung ihrer Lebensqualität darstellte. Die massiven Smog-Episoden, die insbesondere in den Wintermonaten zahlreiche Städte im Nordosten des Landes heimsuchen, werden oft als direkte und sichtbare Auswirkung von Umweltverschmutzung und Klimawandel wahrgenommen. Liu Junyan, die Leiterin des Klimarisiko-Projekts von Greenpeace in Peking, erklärt: „der Großteil der Öffentlichkeit hat nur eine begrenzte Vorstellung davon, was der Klimawandel ist, und eine geringe Vorstellung davon, wie er ihr Leben beeinflussen wird. [Das bedeutet], dass es nur begrenzten Aktivismus von unten gibt“.

Daher sind Bildung und Aufklärung von zentraler Bedeutung, um das Bewusstsein für die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels zu schärfen. Insbesondere in den sozialen Medien sind viele chinesische NGOs dabei sehr aktiv. Umwelt-NGOs, wie das Institute of Public and Environmental Affairs, die sich in den letzten zehn Jahren darauf konzentrierten, luftverschmutzende Unternehmen zu verfolgen und im Internet anzuprangern, haben in letzter Zeit auch damit begonnen, die CO2-Emissionsdaten von Unternehmen online zu veröffentlichen und die daraus resultierende Aufmerksamkeit zu nutzen, um die Durchsetzung von Emissionsvorschriften zu fördern.

Die Aufklärung über Folgen des Klimawandels schlägt für viele Nichtregierungsorganisationen eine Brücke zwischen dem neuen Thema der kohlenstoffarmen Entwicklung und den traditionellen Anliegen des Umweltschutzes und der Luftqualität. Viele der heute aktiven Organisationen haben ihre Wurzeln in den 2000er und 2010er Jahren, genau die Zeit, in der die Umwelt- und Feinstaubbelastung das zentrale Thema des Umweltschutzes in China darstellten. Tatsächlich waren Umwelt-NGOs in den 00er Jahren nur bedingt an dem Thema Klimawandel interessiert, da es ihnen zu weit von den lokalen Problemen entfernt schien, an denen sie bereits arbeiteten.

Doch mit steigender politischer Relevanz des Klimawandels begannen führende Umwelt-NGOs wie das Institute of Public and Environmental Affairs, Friends of Nature oder das Center for Legal Assistance to Pollution Victims, sich stärker mit den Fragen der Klimapolitik zu beschäftigen. 2007 riefen acht NGOs gemeinsam das Projekt Chinese Civil Society's Response to Climate Change ins Leben, das darauf abzielte, über einzelne Projekte mit lokalem Einfluss hinaus zu koordinierten Klimaaktionen überzugehen. Im selben Jahr wurden auch das China Civil Climate Action Network (CCCAN) und das China Youth Climate Action Network gegründet. Doch die Erfahrungen aus dem Kampf gegen Luftverschmutzung sind nicht immer auf die Herausforderung des Klimawandels übertragbar. Im Gegensatz zum Smog sind die Folgen des Klimawandels viel weniger offensichtlich, und die zugrundeliegenden Fragen der Regulierung und der industriellen Struktur sind technisch komplexer. Dies erfordert neue Arbeitsweisen und eine stärkere Einbindung in die politischen Strukturen und den wirtschaftlichen Wandel des Landes.

 

Zusammenarbeit mit Unternehmen und Staat

Ein zentrales Element der Arbeit chinesischer ENGOs, das in den jüngsten Jahren daher immer mehr in den Vordergrund getreten ist, ist die Zusammenarbeit mit Unternehmen und der Regierung. Unternehmen in China stehen unter einem immer größer werdenden Druck, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren und sich an nachhaltigere Geschäftsmodelle anzupassen. Dabei spielen NGOs eine wichtige Rolle, indem sie Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien unterstützen. Da zivilgesellschaftliche Organisationen dazu angehalten sind, ihre Kritik an der offiziellen Politik zu mäßigen, bieten sie eher technische Lösungen für praktische Probleme wie Energieeffizienz, Abfallmanagement, Wasserkonservierung und Bildungsprojekte für nachhaltige Verhaltensweisen an, als dass sie sich für institutionelle Reformen einsetzen.

Gleichzeitig gibt es Bemühungen, die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Unternehmen zu erhöhen. Einige NGOs führen unabhängige Überwachungen und Berichte über die Umweltleistungen der Unternehmen durch und veröffentlichen die Ergebnisse, um den Druck auf die Unternehmen zu erhöhen, ihre Umweltauswirkungen zu minimieren und nachhaltigere Praktiken zu verfolgen. Tatsächlich gelang es der Umweltorganisation Friends of Nature (FON) in diesem Jahr, die erste klimawandelbezogene Zivilklage in China einzureichen und erfolgreich zu führen. Die Umwelt-NGO ging gegen das staatliche Energieunternehmen Gansu Power vor, das von Friends of Nature beschuldigt wurde, Energien aus Wind und Photovoltaik nicht vollständig zu nutzen und stattdessen Kohleverstromung vorzuziehen. Dies führte, dem Urteil des Gerichtes nach, zu erheblichen Treibhausgasemissionen und widersprach dem chinesischen Erneuerbare-Energien-Gesetz. In der Schlichtungsvereinbarung vom April 2023 verpflichtete sich Gansu Power zu Investitionen in erneuerbare Energien.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Regierung und NGOs dient dazu, politische Entscheidungsträger:innen mit Informationen auszustatten und den NGOs politische Legitimität und Autonomie zu verleihen, während sie gleichzeitig die Wirksamkeit und Reichweite ihrer Kampagnen verbessern können. Inzwischen haben Mitglieder des CCCAN und anderer Organisationen stabile Kontakte zu Klimapolitiker:innen verschiedener Regierungsbehörden in China aufgebaut.

Die enge Kooperation zwischen ENGOs und der Regierung zeigt sich auch darin, dass NGOs Richtlinien, beispielsweise zur Treibhausgasemissionserfassung, entwickelt haben, die von der Regierung anerkannt werden. Allerdings überwacht die chinesische Regierung die Aktivitäten von NGOs auch streng. Klimawandelthemen sind eng mit nationalen politischen und wirtschaftlichen Interessen verknüpft, was den Spielraum für NGOs einschränkt. Insgesamt stehen Umwelt-NGOs häufig eher in einem hierarchischen Dienstleistungsverhältnis zum Staat, als dass sie sich in einer unabhängigen Opposition zu staatlichem Handeln positionieren können (zum allgemeinen Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft und Staat in China, siehe auch unseren Blickwechsel aus dem April 2021).

 

Umwelt NGOs zwischen Kooperationsstrukturen und regulatorischer Einschränkung

Die Rolle von Umwelt-NGOs und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren in China ist ein Spiegelbild der ständigen Balance zwischen Kooperation mit den politischen Strukturen und staatlichen Einschränkungen. Viele NGOs werden von der Regierung als Partner in Umweltprojekten anerkannt. Dennoch erleben sie auch Repressionen, insbesondere wenn ihre Aktivitäten als „Streit anzettelnd und Ärger provozierend“ empfunden oder gar als Bedrohung der nationalen Sicherheit interpretiert werden. Proteste und Demonstrationen, die in anderen Teilen der Welt ein häufiges Mittel für Umweltaktivist:innen sind, sind in China selten und riskant. In den letzten Jahren kam es auch immer wieder zu Fällen von Zensur und Verhaftungen von Aktivist:innen, Whistleblower:innen und Journalist:innen, die sich für den Umweltschutz einsetzen.

Einer der prominentesten Fälle ist jener der Klimaaktivistin Ou Hongyi. Die Schülerin aus Guilin, die sich an den von Greta Thunberg inspirierten Fridays For Future-Klimastreiks beteiligte, geriet ins Visier der Behörden. Ihre Schule verbot ihr den Besuch, weil sie befürchtete, dass ihr Aktivismus Ärger mit den Behörden nach sich ziehen könnte. Viele andere Aktivist:innen und NGOs haben ähnliche Schicksale erlebt, wobei ihre Aktivitäten auch zu Verhaftungen, Zensur und anderen Formen der Repression führten.

Neuere Entwicklungen, einschließlich des Gesetzes zur Regelung ausländischer NGOs aus dem Jahr 2017, haben auch die Zusammenarbeit mit internationalen und ausländischen Umweltschutzorganisationen erschwert. Vor diesem Gesetz haben viele einheimische Umweltorganisationen eng mit internationalen Partnern und Geldgebern zusammengearbeitet, um ihre Kapazitäten auszubauen und ihre Interessen besser zu vertreten. Seit der Gesetzesänderung stehen sie jedoch vor einer Vielzahl von Registrierungs- und Berichtspflichten. Dies schafft weitere Barrieren für die Zusammenarbeit und erschwert den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken. Das ist auch deshalb problematisch, weil die Finanzierung von Aktivitäten chinesischer NGOs im Bereich des Klimawandels derzeit großenteils durch ausländische Stiftungen oder Netzwerke erfolgt, wobei die inländische Finanzierung nur begrenzt möglich ist.

Zuletzt haben auch große chinesische Stiftungen wie die Alibaba Foundation oder die SEE Foundation begonnen, ENGOs zu unterstützen. Bisher sind die bereitgestellten Beträge im Vergleich zu ausländischen Geldgebern aber noch relativ gering. Darüber hinaus kontrolliert die Regierung den Zugang zu vielen relevanten Informationen und Daten über den Klimawandel, die ENGOs für ihre Arbeit benötigen. Durch ihre Abhängigkeit von offiziellen Quellen sind viele Organisationen weniger bereit, konfrontativ gegenüber den offiziellen Positionen der Regierung aufzutreten. Human Rights Watch berichtete von einem Fall, bei dem die chinesischen Behörden die in Shanghai ansässige Gruppe Rendu Ocean beschuldigte, ausländische Gelder erhalten und sensible Meeresdaten in einem Akt der Spionage gleichkommend, gesammelt zu haben, nachdem sie Daten zur Meeresverschmutzung veröffentlicht hatte, die um ein Vielfaches höher waren als die offiziellen Zahlen.

Fazit

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Positionierung umweltbezogen arbeitender Nichtregierungsorganisationen in China derzeit überwiegend eine mit politischen Entscheidungsträger:innen kooperierende ist. Sie arbeiten regelmäßig mit Lokalregierungen zusammen, um die gefällten Entscheidungen im Klimabereich umzusetzen, Zustimmung in der Bevölkerung zu steigern und den zivilgesellschaftlichen Partizipationsraum zu erhalten. Oft werden sie lediglich als Anbieter von „sozialen Dienstleistungen“ gesehen. Dennoch gab es in ihren Aktivitäten eine bemerkenswerte Expansion, angetrieben durch Online-Medien, neue Förderer und stärkere politische Anerkennung.

Chinesische Umwelt-NGOs leisten wichtige Arbeit in der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Folgen des Klimawandels durch Informationskampagnen, Bildungsprogramme und Bürgerinitiativen. Sie sind in diversen Bereichen wie der Katastrophenvorsorge, der Notfallreaktion und der Post-Katastrophen-Wiederherstellung tätig, arbeiten aber auch verstärkt mit Unternehmen und der Regierung zusammen bei der Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Gleichzeitig gibt es Bemühungen, die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Unternehmen zu erhöhen. Kritische Klima-NGOs stehen jedoch genauso wie der gesamte zivilgesellschaftliche Sektor einer kritischen staatlichen Überwachung und Zensur gegenüber. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben aber gezeigt, dass der Umweltschutz in China am effektivsten ist, wenn er durch die aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft unterstützt wird. Für Fortschritt im Umweltschutz bedarf es einer Regierung, die offen und bereit zur Zusammenarbeit ist. Nur dann können staatliche und nicht-staatliche Akteure gemeinsam effektive Lösungen für die drängenden lokalen und globalen Umweltprobleme finden.

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