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Klimaschutz in Kambodscha: Menschenrechtsverletzungen bei REDD+ Projekten

Regenwald Kambodscha
Wald in Kambodscha (Symbolfoto), Phnom Kulen (Provinz Siem Reap), Foto von Phen Phy auf Unsplash

Human Rights Watch enthüllt negative Auswirkungen für indigene Gemeinschaften durch REDD+ Waldprojekte im Südwesten Kambodschas.

Ein umfassender Bericht von Human Rights Watch (HRW) beleuchtet die negativen Auswirkungen eines bedeutenden Klimaschutzprojekts in Kambodscha. Das „Southern Cardamom REDD+ Project“, durchgeführt vom kambodschanischen Umweltministerium und der Naturschutzorganisation Wildlife Alliance, erstreckt sich über eine halbe Million Hektar in den Kardamombergen, wo die indigene Gemeinschaft der Chong seit Jahrhunderten lebt.

Laut HRW trafen das Umweltministerium und die Wildlife Alliance ohne angemessene Konsultation der Chong-Gemeinschaft wichtige Entscheidungen über die Bewirtschaftung ihres Landes. Infolgedessen kam es für die Gemeinschaft zu erzwungenen Vertreibungen und rechtlichen Konsequenzen, insbesondere aufgrund der Kriminalisierung des nachhaltigen Sammelns von Forstprodukten.

Landrechte entzogen

Acht Chong-Dörfer wurden auf Anordnung des Umweltministeriums, nachdem sich die Wildlife Alliance jahrelang dafür eingesetzt hatte, in einen Nationalpark integriert, wodurch den Bewohner:innen ihre Rechte an ihrem angestammten Land und ihren Wäldern entzogen wurden. Die Chong sammeln dort nachhaltig Waldprodukte für ihren Lebensunterhalt.

HRW berichtet, dass von den Dorfbewohner:innen nicht ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung (engl.: Free, Prior and Informed Consent – FPIC) eingeholt wurde: Im August 2017 begannen das Umweltministeriums und die Wildlife Alliance Treffen mit den betroffenen Gemeinden, um sie über das REDD+-Projekt zu informieren und ihre Zustimmung einzuholen. Diese Treffen, die erst 31 Monate nach Projektbeginn begannen, sollten die FPIC sichern. Das fehlerhafte Verfahren hatte schwerwiegende Auswirkungen auf die indigenen Chong.

Zwei Indigene wurden während des Harzsammelns im Schutzgebiet 2018 und 2021 von Patrouillen, bestehend aus Rangern des Umweltministeriums, Gendarmen und Mitarbeitern der Wildlife Alliance, verhaftet und misshandelt. Sechs Chong-Familien wurden gewaltsam von ihrem traditionell bewirtschafteten Land vertrieben, und drei Gemeindemitglieder wurden nach der Vertreibung ohne Gerichtsverfahren monatelang festgehalten, wie aus offiziellen Dokumenten hervorgeht.

Emissionsausgleich: Vielversprechende Idee mit Mängeln in der Praxis

Die Idee des Emissionsausgleichs verfolgt das Ziel, den Anstieg von Treibhausgasen und die damit verbundene Erderwärmung zu bekämpfen. Emissionszertifikate sollen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, ihre CO2-Emissionen auszugleichen. Trotz der positiven Intentionen stehen Emissionsausgleiche in der Kritik. Viele der auf dem Markt angebotenen Zertifikate stammen aus Projekten, die ihre tatsächlichen Einsparungen von Kohlendioxid nicht nachweisen können, und es besteht die Gefahr schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen in Verbindung mit einigen Klimaschutzprojekten.

Menschenrechtsorganisation fordert Überarbeitungen und Ausgleich

Human Rights Watch fordert, dass das REDD+ Projekt im südlichen Kardamom im Arengtal überarbeitet wird. Das Arengtal im zentralem Kardamom-Schutzwald und im Thmor Bang Distrikt beherbergt eine einzigartige Artenvielfalt sowie seltene und gefährdete Tierarten. Es wird von acht Waldgemeinschaften bewohnt, wovon die Mehrheit ethnische Chong sind. Zusätzlich sind die Chong auch in den drei Dörfern der Gemeinde O'Som im Bezirk Veal Veng in der Provinz Pursat vertreten, die zur Projektzone gehören. Die Überarbeitungen sollten sicherzustellen, dass die Chong wirksam in Entscheidungen, insbesondere bei der Titulierung von indigenem Gemeindeland, eingebunden werden. Des Weiteren sollten Vereinbarungen zum Vorteilsausgleich mit den Chong geschaffen werden, die ihre Eigentumsrechte am in ihren Gebieten gespeicherten Kohlenstoff anerkennen. HRW befragte über zwei Jahre hinweg mehr als 90 Personen, darunter drei Regierungsbeamte und analysierte verschiedene Quellen. Seit September 2022 hat HRW Gespräche mit dem Umweltministerium, der Wildlife Alliance und anderen relevanten Akteuren des Projekts geführt.

Ein Vertreter des Umweltministeriums teilte HRW schriftlich mit, dass Gemeinden, die sich für den Schutz und die Erhaltung natürlicher Ressourcen engagieren, von Emissionsgutschriften profitiert haben. Auch die Wildlife Alliance betonte, umfassende Konsultationen mit den Anwohner:innen durchgeführt zu haben und behauptete, dass ihre Umweltschutzaktivitäten rechtmäßig sein und den lokalen Gemeinden zugutekämen. Trotz der Meinungsverschiedenheiten mit den Feststellungen von HRW hat sich die Wildlife Alliance im November 2023 unter anderem dazu verpflichtet, ihre Ranger in Menschenrechtsfragen zu schulen, ohne jedoch eigene Fehler oder Verantwortlichkeiten anzuerkennen.

Am 20. Juni 2023 informierte Verra, ein Unternehmen, das Kohlenstoffausgleichsprojekte überprüft und Emissionszertifikate ausstellt, Human Rights Watch darüber, dass während der Überprüfung für das Projekt vorerst keine weiteren Emissionszertifikate ausgestellt würden. Am 5. Februar 2024 verkündete Verra Pläne zur Verbesserung der Zugänglichkeit seines Beschwerdemechanismus, wobei Vorschläge von Human Rights Watch berücksichtigt werden sollen. Diese beinhalten die Möglichkeit, Beschwerden in mehreren Sprachen einzureichen, Einzelfalluntersuchungen durchzuführen und während des gesamten Verfahrens relevante Informationen für Beschwerdeführer bereitzustellen.

Dies verdeutlicht die Dringlichkeit einer Neugestaltung der Klimaschutzmaßnahmen in den Kardamombergen, die die Rechte indigener Völker berücksichtigt und kritische Überprüfungsmechanismen implementiert.

Das Beispiel aus Kambodscha unterstreicht zudem die allgemeinen Mängel zahlreicher globaler Emissionsausgleichsprojekte, die dringend behoben werden müssen, insbesondere vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Klimakrise.

Der Bericht "Carbon Offsetting’s Casualties" kann auf der Website von Human Rights Watch heruntergeladen werden.

Artikel von Saskia Loges

 

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