Spenden für die Stiftung Asienhaus

Stoppt das größte Bergbauvorhaben der Menschheitsgeschichte!

Proteste in Fidschi
Proteste in Fidschi (Foto: Pacific Conference of Churches, 2023)

Jan Pingel arbeitet seit Jahren zu Tiefseebergbau. Im Interview berichtet er über Gespräche mit der Zivilgesellschaft in Südostasien und Ozeanien.

Auf einer Dienstreise in der Asien-Pazifik-Region hat Jan Pingel vom Ozeanien-Dialog viele Gespräche mit der Zivilgesellschaft geführt und auch an einer Konferenz in Indonesien teilgenommen. Wir haben ihn über seine Begegnungen in Südostasien und Ozeanien interviewt. 

Wie ist der aktuelle Stand im Tiefseebergbau? Ob dieser in internationalen Gewässern möglich wird, ist noch offen, richtig?

Bisher gibt es noch keinen Tiefseebergbau – weder in internationalen Gewässern, noch in den Ausschließlichen Wirtschaftszonen einzelnen Länder. Aber der Druck ist hoch, bei der UN-Meeresbodenbehörde laufen die Verhandlungen. Staaten wie Norwegen oder die Cook-Inseln stehen davor mit einem Abbau zu beginnen. Nach und nach bekommt die internationale Kampagne für ein Moratorium für Tiefseebergbau aber Zulauf – zuletzt haben sich Großbritannien und Mexiko angeschlossen. 

Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten nächsten Entscheidungen?

Es braucht aktuell ein Moratorium, das Tiefseebergbau stoppt und uns, der Wissenschaft, den Umweltverbänden, den Unternehmen und letztendlich der gesamten Menschheit Zeit verschafft. Zeit um ernsthaft darüber nachzudenken, ob wir das enorme Risiko eingehen wollen.

Bergbau am Meeresboden wäre das größte extraktive Projekt der Menschheitsgeschichte – mit fatalen Folgen für das Ökosystem Meer, für das Klima und für die Menschen, die von und mit dem Meer leben. Auch deshalb arbeiten wir, gemeinsam mit vielen Partnern weltweit, intensiv daran, diese experimentelle Industrie zu stoppen.

Du warst Ende 2023 auf Dienstreise in Ozeanien und hast auch in Südostasien Stopp gemacht. Dort hast du an einer Bergbaukonferenz in Indonesien teilgenommen. Was hast du gelernt?

Es war eine tolle Möglichkeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der Asien-Pazifik-Region in den Austausch zu kommen, deren Herausforderungen und Strategien kennenzulernen und Erfahrungen zu teilen.

Gelernt habe ich vor allem, dass sich die menschenrechtlichen Probleme extraktiver Industrien, denen insbesondere indigene Communities ausgesetzt sind, in vielen Fällen sehr ähnlich sind – in den Philippinen, Indonesien, in der Mongolei oder in Papua-Neuguinea. Der Austausch von Strategien, von gescheiterten Kampagnen oder Erfolgsgeschichten ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig.

Was hat dich in Indonesien überrascht?

Überrascht war ich in Gesprächen und Workshops vor allem von dem Umstand, dass die indonesische Regierung sehr offen kritisiert wurde und selbst ein so sensibles Thema wie Menschenrechte in Westpapua thematisiert wurde. Insbesondere Frauen waren es, die sehr kraftvoll ihre Stimme für Gerechtigkeit und Menschenrechte erhoben haben.

Du hast dort viele Gespräche mit der Zivilgesellschaft geführt. Was kannst du als Teilnehmer aus dem globalen Norden mitnehmen?

Es ist wichtig genau zuzuhören, wenn Realitäten von lokalem Aktivismus geschildert werden und sich Wut auf Akteure des globalen Nordens entlädt. Unsere Aufgabe hier ist es, zusätzliche Solidarität zu zeigen, diese Anklagen aufzugreifen und politisch auf eine wirkliche Verbesserung der Situation hinzuwirken.

Du arbeitest seit Jahren intensiv zu Tiefseebergbau. Konntest du hierzu neue Erkenntnisse gewinnen, neue Kontakte knüpfen?

Gemeinsam mit Partnern im Südpazifik arbeite ich seit 2017 zu dem Thema. In Indonesien kamen bei der Konferenz Aktivist:innen aus Asien mit Kolleg:innen in Ozeanien in Kontakt – das passiert so koordiniert recht selten.

Den Teilnehmenden aus dem Pazifik war es wichtig, ihre Herausforderungen mit extraktiven Industrien vorzustellen und dem Forum einen „blauen Touch“ zu geben – denn im Pazifik hat das Thema einen klaren Bezug zum Meer. Tiefseebergbau und „Blue Economy“ traf auf viel Interesse auch bei Teilnehmenden aus Asien und so konnten viele neue Kontakte geknüpft werden. Es sieht so aus, als ob diese neuen Verbindungen früher als gedacht relevant werden könnten, denn es gibt nun auch Tiefseebergbau-Pläne in den Philippinen…

Wie verhält sich die deutsche Bundesregierung dazu? Habt ihr Forderungen an die Politik?

Die Deutsche Bundesregierung unterstützt seit 2022 eine „precautionary pause“ beim Tiefseebergbau. Also einer Art Pause, die einem Moratorium sehr nahe kommt. Dies ist begrüßenswert, droht jedoch in internationalen Verhandlungsrunden aufgeweicht zu werden und so Tiefseebergbau nicht verhindern zu können.

Wir fordern, dass Deutschland sich noch vehementer gegen die klare Absicht der Meeresbodenbehörde sowie einzelner Staaten und Unternehmen stemmt, diese neue Bergbauindustrie zu ermöglichen.

Über unseren Interviewpartner:

Jan Pingel mit Tiefsee-Manganknolle aus den Cook-Inseln (Foto: privat).Jan Pingel koordiniert das Netzwerk Ozeanien-Dialog, ein Zusammenschluss zur Stärkung zivilgesellschaftlicher Stimmen aus dem Pazifik in Europa. Im Herbst 2023 war er für Gespräche mit NGOs und Regierungen in Fidschi, den Cook-Inseln, in Aotearoa und in Indonesien. In der Stiftung Asienhaus engagiert er sich seit 2023 im Kuratorium. Von 2013 – 2016 war er Geschäftsführer im philippinenbüro.

Das Interview führte Raphael Göpel (Stiftung Asienhaus) im März 2024.

Mehr zu Indonesien

Zurück